Referat: "Die Farben Schwarz"

Herausgeber: Thomas Zaunschirm
Herausgabe 1999 anläßlich der gleichnamigen Ausstellung im Landesmuseum Joanneum in Graz.




Schon die Bibel beginnt mit folgenden Worten:

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Erde; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.

Und Gott sprach: Es werde Licht!

Dann sah er daß das Licht gut war..., und er schied Licht und Finsternis.

Finsternis ist also der Gegenbegriff zu Licht in der Bibel.
Finsternis ist der Zustand des Universums vor der Schöpfung




   

Teil 1:
Die Verwendung von Schwarz im historischen Rückblick


Schwarz im Mittelalter

  Schwarz war Ausdruck der Schlichtheit. Mönchsorden waren seit dem Frühmittelalter schwarz gekleidet. Auch die Alltagskleidung der Priester war schwarz. Dadurch haben sich die Klerikalen zum einen durch Bescheidenheit und Einfachheit abgesondert. Zum anderen sollte die Farbe der Kleidung auch "höhere Weihen" ausdrücken. Mit Trauer hatte das ganze jedenfalls nichts zu tun.

Später im Mittelalter wollte niemand mehr "einfach" sein und schwarz wurde allgemein seltener getragen. Allerdings war schwarz bei Fürsten immer noch als zeremonielle Farbe beliebt. Das ändert sich in der Neuzeit, als schwarz auch von Humanisten bevorzugt wurde.

Die Situation der Frauen nimmt bei der Kleiderwahl, bzw. bei der Farbwahl der Kleidung immer eine Sonderstellung ein und muß deshalb auch extra behandelt werden:

Die Damen des Hofes folgten der Mode. Schwarz war der Trauer vorbehalten und dafür auch vorgeschrieben. Das Bild zeigt Prinzessin Christine von Dänemark. Porträtiert wurde sie von Hans Holbein 1538 in Brüssel. Die 16jährige war die Witwe von Francesco Maria Sorzas, dem Herzog von Mailand. Und so komisch das jetzt auch klingt: Zu dem Zeitpunkt als das Bild entstand trug sie die vorgeschriebene Witwentracht bereits seit drei Jahren.

Generell war es so, daß beim Tod eines Herrschers der ganze Hof maximal ein Jahr schwarz zum Ausdruck der Trauer trug. Witwen hingegen lebenslang, oder bis zu ihrer Wiederverheiratung.

   
Neuzeit: Frauen in Schwarz - Schwerpunkt Gemälde


Bei Betrachtung neuzeitlicher Porträtmalerei fällt auf, daß schwarze Kleidung bei Männern recht häufig vorkommt, Frauen hingegen in schönen und schmeichelnden Farben gekleidet sind. Schwarzgekleidete Frauen bilden auch hier die Ausnahme.

Exemplarisch für die geschlechtsspezifische Farbzuordnung ist Franz von Stucks Bild

Grund hierfür ist, daß männliches schwarz als aktiv und possessiv gilt, weibliches weiß dagegen als schön und passiv.

 

Was also löst weibliches schwarz beim Betrachter aus?
Bei alten Frauen wird es als Zeichen von Trauer bzw. Witwenschaft interpretiert, bei jungen Frauen löst schwarze Kleidung hingegen einen leichten Schock aus. Zumindest ist Wilhelm Schlink dieser Meinung, und Wilhelm ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Freiburg. Folge dieses Schocks ist die Frage nach dem persönlichen Schicksal der abgebildeten.

Das Bild von Arnold Böcklin aus dem Jahr 1861 zeigt die Schauspielerin Fanny Janauschek. Unklar ist, ob sie in einer Rolle dargestellt wurde, oder ob sie die Kleidung frei gewählt hat.

Frauen in Schwarz zu malen bedeutete für die Künstler ein hohes Risiko, denn die Verknüpfung der Unfarbe Schwarz mit der erfreulichen Schöpfung Frau verlangte ein hohes Maß an Beherrschung der Darstellungsmittel. Das allerdings spornt die Maler zu koloristischen Höchstleistungen an. Ihr Mittel hierbei sind feine Nuancierungen und Lichteffekte. Es gibt nur wenige Bildnisse in denen Schwarz Flächendeckend ohne Changierungen eingesetzt wurde.


Schwarz im 20. Jahrhundert
 

In der Architektur ist Schwarz die Ausnahme. Lediglich als akzentuierendes und gliederndes Element findet es seine Anwendung. Das Beispiel zeigt das Faguswerk, das Walter Gropius 1909 in Alfeld baute. Außen ist die Gitterstruktur mit Eisenbändern gegliedert.
 

Innen hat er schwarze Ornamente aus Glasfliesen auf dem weißen Putz angebracht.
  Im Design findet Schwarz vor allem bei Fotoapparaten, Stereoanlagen, Fernsehern und anderen technischen Geräten verwendung. Seit den 70ern gilt schwarz als Ausdruck von professionalität und als Zeichen von Exklusivität. Die Lampe links wurde von Richard Sapper anfang der 70er gestaltet.

Aber es gab auch ganz andere Gründe Schwarz zu verwenden, so wurden zum Beispiel die Reichsautobahnen ab 1937 mit Ruß eingefärbt. Der Grund war ein Taktischer: die Mächtigen hatten Angst, die Fahrbahnen könnten den feindlichen Fliegern den Weg zu den Ballungsräumen zeigen. Ein physikalischr Grund spricht dafür Sonnenkollektoren schwarz einzufärben. Die Wärmestrahlung wird dadurch maximal absorbiert. Und Schornsteinfeger tragen schwarze Kleidung. Der Grund liegt auf der Hand.



    Teil 2:
Die Rolle von Schwarz in der Geschichte der Farbsysteme

In diesem Teil wird im Hauptsächlichen auf die Rolle des Schwarz in den Systemen eingegangen, nicht auf die Systeme insgesamt. Weitere spannende Seiten im WWW, die dieses Thema ausführlicher behandeln findest Du bei colorsystem.com.

 

Platon (428/427 - 347 v. Chr) ging davon aus, daß das Auge einen Sehstrahl ausschickt. in Seiner Theorie waren Farben die Eigenschaften von Körperoberflächen und nicht durch Licht hervorgerufene Wahrnehmungen. Sein System umfaßte vier Grundfarben: Weiß war das Sehstrahl erweiternde, Schwarz das Sehstrahl verkürzende. Rot war die Farbe des Feuers und "das Glänzende" die Farbe des Wassers. In seinem Farbsystem gab es mehrere Mischungsmöglichkeiten, zum Beispiel:

Weiß + Rot + Glänzendes = Goldgelb

Weiß + Schwarz + Glänzendes = Dunkelblau

Im 11. Jahrhundert waren es arabische Philosophen, die erstmals Farben in Abhängigkeit von Licht definierten.
 

Robert Grosseteste (1168-1253) kannte im 13. Jahrhundert zwei Arten von Licht: Das "Lux obscura" oder "Nigredo" (Schwarz). Es steigt zu den Farben auf. Und das "Lux Clara" oder "Albedo". Es steigt herab zu den Farben. Er hat zwischen bunten und unbunten Farben unterschieden. Herauszuheben ist, daß in seinem System Schwarz und Weiß eine Sonderrolle spielten. sie waren von den "eigentlichen" Farben ausgeschlossen.
 

Sir Isaac Newton, Physiker (1642-1726) stellte Beobachtungen am Prisma an. Er fand heraus, daß die Farben bestandteile des weißen Lichts sind. Er entwarf einen Farbkreis, in dessen Mitte er das Weiß setzte. schwarz schließt er als anderen Pol des Farbspektrums aus. Sein Farbkreis basierte auf der additiven Farbmischung. Die Addition der Lichtstrahlen ergibt Weiß.
 

Moses Harris, Kupferstecher (1731-1785) berücksichtigt 100 Jahre später die subtraktive Farbmischung in seinem Farbkreis. Die Addition der Farbpigmente ergibt Schwarz.

Danach kommt Goethe, der den Farben subjektive Empfindungen zuordnet. Auf seine Theorie wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen.
 

Philipp Otto Runge, (1777-1810) war Romantiker und geht noch weiter als Goethe. Er theologisiert die Farben. Für ihn sind Rot, Blau und Gelb die Grundfarben und das Symbol für die Dreieinigkeit Gottes. Weiß ist für ihn das Gute, Schwarz das Böse.



    Teil 3:
Die Wahrnehmung der Farbe Schwarz

Sichtbare Elektromagnetische Wellen
  Elektromagnetische Wellen im Bereich zwischen 400- ca. 700 Nanometern werden von unserem Auge als sichtbares Licht wahrgenommen. Auf diesen Bereich reduzieren alle Farbtheorien ihre Systeme. Je stärker die elektromagnetische Schwingung (größere Amplitude), desto heller erscheint uns das Licht. Es gibt eine Tendenz in Richtung Weiß. Je geringer die stärke der Schwingung (kleinere Amplitude) desto dunkler ist das Licht. Die Tendenz geht in Richtung Schwarz.
Die Wellenlänge (Frequenz) ist für die Farbe des Lichts verantwortlich. Die Schwingungen werden in Nanometer - das ist 1 Milliardstel Meter - gemessen. Wenn sich ein Teilchen mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt und dabei schwingt, wird also gemessen wie viele Nanometer es sich während genau einer Schwingung fortbewegt hat.

    Unsichtbare Elektromagnetische Wellen
    Wellenlängen kürzer als 400 nm sind unsichtbare Infrarotstrahlen und Radiowellen. Wellenlängen länger als 700 nm sind unsichtbare Ultraviolettstrahlen, Röntgenstrahlung, Gammastrahlung und kosmische Strahlung. Diese beiden Bereiche sind unsichtbar und werden von uns als Schwarz wahrgenommen. Auch wenn man einige Strahlen in diesen Bereichen trotzdem als Licht bezeichnet (UV-Licht, Infrarotlicht).

Viele Qualitäten von Schwarz liegen also jenseits unserer Wahrnehmung.

    Die Rolle des Kontrasts in der Erfahrung Schwarz
 

Im Folgenden beziehe ich mich auf Beobachtungen vom Österreichischen Physiologen Ewald Hering, die er in seiner "Lehre vom Lichtsinn" 1878 veröffentlicht hat:

Denken wir uns folgendes Beispiel: ein Gegenstnd reflektiert viel Licht und kann als rot, grün, gelb, blau oder weiß wahrgenommen werden. Der Hochzeitsschleier im Bild links ist natürlich weiß. Ist der Gegenstand allerdings von intensiv leuchtenden Objekten umgeben (wie den Wolken während des Sonnenuntergangs), dann erscheint er schwarz. Hering spricht von einem räumlichen oder simultanen Kontrast.
Oder ein anderes Beispiel: Wenn man vor dem Betrachten des Gegenstands in gleißendes Licht sieht, dann erscheint er auch schwarz. Diese Erfahrung nennt Hering zeitlicher oder sukzessiver Kontrast. Jeder kennt diese Wahrnehmung, nachdem er einmal in die Sonne geblickt hat.

Die Folge beider Kontraste ist: wenn deren Intensität zunimmt, wirkt der Gegenstand immer schwärzlicher, bis er letztendlich vollkommen schwarz aussieht.


Die Farben Weiß und Schwarz beziehen sich also auf unsere Wahrnehmung, und nicht auf absolute Grenzwerte.